Forschung

Bei etwa 15% aller Paare bleibt der Kinderwunsch unerfüllt und bei etwa der Hälfte dieser Paare liegt die Ursache auf Seiten des Mannes. Klinisch fassbar sind eine verminderte Ejakulatqualität, also eine geringe Anzahl, eingeschränkte Beweglichkeit oder verminderte Menge normal geformter Spermien.

Insgesamt werden derzeit bei nur etwa 5% aller Männer, die wegen eines unerfüllten Kinderwunsches untersucht werden, genetische Ursachen festgestellt. Bei Männern, bei denen gar keine Spermien in der Samenprobe gefunden werden (Azoospermie), lag der Anteil genetischer Ursachen bis 2017 bei etwa 20%. Dazu gehören Chromosomenveränderungen wie das Klinefelter-Syndrom (Karyotyp 47,XXY) und Mikrodeletionen des Y-Chromosoms (sogenannte AZF-Deletionen).

Wir beschäftigen uns aktuell vor allem damit, neue Gene zu identifizieren, die zu einer schweren Störung der Spermienbildung und damit zur Azoospermie führen. Dazu nutzen wir genomweite Analysen (AG Tüttelmann), speziell auf dem Gebiet der Meiose (AG Friedrich) und assoziiert mit dem piRNA Pathway (AG Stallmeyer). Durch die Kombination mit einem breiten Spektrum an funktionellen Analysen inkl. der Fruchtfliege als Modellsystem konnten wir in den letzten Jahren mehr als 20 neue Gene beschreiben, einschließlich einer detaillierten Charakterisierung des resultierenden Phänotyps, ihrer klinischen Relevanz und vieler ihrer molekularen Mechanismen.

Durch unsere Arbeiten kann mittlerweile bei weiteren 6% der azoospermen Männer eine genetische Diagnose gestellt werden (Abbildung 1). Diese Diagnosen sind klinisch relevant, da sie u.a. eine Prognose erlauben, ob eine Hodenbiopsie zur Gewinnung von Spermien erfolgreich sein wird.

Insbesondere in lokalen, nationalen und internationalen Kooperationen arbeiten wir außerdem an der Ursachenforschung von Störungen der Spermienbeweglichkeit, der Bildung normal geformter Spermien und Funktionseinschränkung von in der Routinediagnostik als normal klassifizierter Spermien.

Unser Ziel ist es, die Ursache der ungewollten Kinderlosigkeit bei immer mehr Paaren zu klären, damit die Therapie zu verbessern und die Chancen auf eine Erfüllung des Kinderwunsches zu erhöhen. Erfahren Sie auf den folgenden Seiten, an welchen Projekten wir derzeit forschen, um diesem Ziel ein Stück näher zu kommen.

Abbildung 1: Genetische Diagnosen bei Männern mit Azoospermie im Vergleich zwischen 2017 – 2022 und Beitrag unserer MERGE-Studie.