Männliche Unfruchtbarkeit: Internationale Zusammenarbeit führt zur Identifikation von de novo Mutationen als wichtige Ursache

10-15 % aller Paare weltweit haben mit Infertilität (Unfruchtbarkeit) zu kämpfen; und in etwa der Hälfte spielen männliche Faktoren eine entscheidende Rolle. Bei der Mehrheit dieser Männer kann allerdings keine zugrundeliegende Ursache identifiziert werden – obwohl genetische Gründe bei vielen Formen ausschlaggebend sind. Das Verständnis dieser Ursachen wird zukünftig die Beratung betroffener Paare verbessern, auch in Bezug auf Therapieempfehlungen.

Bei vielen sporadisch auftretenden Erkrankungen wie Entwicklungsverzögerungen spielen sogenannte Neumutationen (de novo Mutationen, DNMs) eine Schlüsselrolle. Zur Identifizierung von Neumutationen ist abgesehen von der Analyse der betroffenen Person auch die der Eltern erforderlich. Solche Trio-Analysen erlauben eine viel präzisere genetische Charakterisierung – sind aber in der Reproduktionsforschung nicht leicht zugänglich.

Genau für ein derartiges Szenario, bei dem bestimmte Daten oder Probensätze nur schwer zu bekommen sind, wurde das International Male Infertility Genomics Consortium (IMIGC) gegründet. Es handelt sich dabei um einen Zusammenschluss von Grundlagen- und Klinisch-Forschenden (Verweis auf Weltkarte und Standorte der Gründungsmitglieder), die ihre Daten und ihre Expertise gemeinsam nutzen, um die Entdeckung, Replikation und Validierung genetischer Erkenntnisse im Zusammenhang mit männlicher Unfruchtbarkeit zu beschleunigen und auszuweiten.

Zum allerersten Mal wurden die kombinierten IMIGC-Kohorten verwendet, um Daten der primären Trio-Exomstudie von Prof. Joris Veltman (Newcastle, UK) bei 185 infertilen Männern und deren Eltern zu validieren. Insgesamt konnten so 145 seltene, proteinverändernde, de novo Mutationen identifiziert werden. Dieser Ansatz zeigt, dass de novo Mutationen sehr wahrscheinlich eine wichtige Ursache für männliche Infertilität darstellen. Außerdem konnten einige interessante, neue Kandidatengene beschrieben werden. Die Studie wurde nun in Nature Communication veröffentlicht (Oud et al., 2022).

Dr. Corinna Friedrich und Prof. Frank Tüttelmann, Institut für Reproduktionsgenetik, und Prof. Sabine Kliesch, Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, waren an der Studie beteiligt. 'Mit internationalen Zusammenarbeiten wie dieser tragen wir dazu bei, genetische Studien in der reproduktiven Forschung voranzutreiben', sagt Dr. Friedrich.

Weitere und darauf aufbauende Studien sind vom IMIGC und lokalen Kooperationspartner*innen geplant, um zusätzliche Durchbrüche in der Erforschung der menschlichen Fruchtbarkeit und reproduktiven Gesundheit zu erzielen. Wir freuen uns schon darauf!